Laienrat: Katholische Soziallehre nicht parteipolitisch vereinnahmen
Der Katholische Laienrat Österreichs (KLRÖ) hat im Blick auf die kommenden Nationalratswahlen vor einer parteipolitischen Vereinnahmung der katholischen Soziallehre (KSL) gewarnt: "Während des Wahlkampfs für die Europawahlen haben verschiedene politische Gruppierungen versucht, Zielgruppen außerhalb ihrer sonstigen Stammwählerschaft durch unangemessene Bezugnahme auf Elemente der katholischen Soziallehre oder durch Instrumentalisierung einzelner katholischer Laienorganisationen anzusprechen", monierte KLRÖ-Vizepräsident Fritz Macher am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber Kathpress, die auch von Laienratspräsident Wolfgang Mazal unterstützt wird. Anlass dafür ist ein KSL-Grundsatzpapier, das die Kurie 5 des KLRÖ erarbeitet und jetzt veröffentlicht hat.
Kritik übte Macher, der der Kurie 5 im Laienrat vorsteht, daran, dass zuletzt "mehrfach Fehlvorstellungen von Prinzipien und Werten der katholischen Soziallehre" festzustellen waren, weshalb der KLRÖ alle Versuche politischer Parteien zurückweist, Werte der KSL für Forderungen im Wahlkampf instrumentalisierend zu vereinnahmen. Die Wortmeldung des Laienratsvizepräsidenten erfolgte bewusst im Kontext der bevorstehenden Nationalratswahl. Am Freitag war nach Ablauf der Frist für Wahlvorschläge bei den Landeswahlbehörden bekannt geworden, dass insgesamt neun Parteien bei der Nationalratswahl am 29. September antreten werden.
"Die Katholische Soziallehre ist ein umfassender Reflexionsrahmen über die Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft und den Umgang mit Zielkonflikten in der Sozialpolitik", hielt Macher grundsätzlich fest und betonte: "Auch wo konkrete Forderungen zum Schutz wichtiger Werte erhoben werden, dürften diese nicht isoliert gesehen und im Wahlkampf mit dem Anspruch auf 'Exklusivität' für einzelne Gruppierungen dargestellt werden."
"Personalität, Gemeinwohl, Subsidiarität, Solidarität und - neu hinzugekommen - Mitwelt- und Generationengerechtigkeit (Nachhaltigkeit) sowie die Option für die Armen", seien laut Macher die aktuell vertretenen Prinzipien der KSL. Zudem gehe Papst Franziskus "auf die wohl größte aktuelle Herausforderung der Menschheit" besonders mit der Enzyklika Laudato si (2015) ein. Das klassische Anliegen der Gemeinwohlorientierung werde hier auf die nach uns kommenden Generationen ausgeweitet. Im Lehrschreiben Fratelli tutti (2020) entwickele der Papst das Prinzip der Solidarität zu einem "Geist der Geschwisterlichkeit" weiter, so der KLRÖ-Vizepräsident.
Keine konkreten Wahlempfehlungen
Vor diesem Hintergrund und auf Basis der Grundprinzipien der KSL hätten sich die Päpste immer zu einzelnen politischen Systemen kritisch geäußert, erinnerte Macher: "Das betraf insbesondere den zentralistischen Sozialismus und Kommunismus, aber auch einen Liberalismus, der sich selbst regulieren möchte. Nicht zuletzt wurde auch gegen Auswüchse eines hemmungslosen Kapitalismus klar Stellung bezogen."
Aus diesem Grund nehme der KLRÖ am gesellschaftspolitischen Diskurs teil und werde sich dabei auch zukünftig von der katholischen Soziallehre leiten lassen. Der Laienrat werde das konkrete Verhalten und die Programmatik von Politikern und politischen Parteien unter der Perspektive der KSL beurteilen, "jedoch keine konkreten Wahlempfehlungen abgeben - für welche Partei auch immer", betonte Macher und schloss: "Wir stehen dafür, den Tendenzen zur Spaltung unserer Gesellschaft durch extreme Positionen entgegenzuwirken. Es braucht eine konstruktive Zusammenarbeit aller Parteien für das Gemeinwohl in unserem Land!"
Das Grundsatzpapier zur katholischen Soziallehre mit dem Titel "Überlegungen zu Gesellschaft und Wirtschaft in Österreich" wurde von der Kurie 5 des Laienrats in einem längeren Prozess erarbeitet. Die fünfte Kurie im KLRÖ bilden 18 Einzelpersonen, die in gesellschaftlichen Bereichen wie Kunst, Wissenschaft, Verwaltung oder Medien als Christen sichtbar geworden sind. Sie stehen stellvertretend für die verschiedenen gesellschaftlichen Personen- und Sachbereiche. Zwölf Mitglieder werden durch Wahl innerhalb des Laienrates ermittelt und sechs von der Bischofskonferenz bestellt.
Quelle: kathpress